The wind of change…

„Nichts in der Geschichte des Lebens ist beständiger als der Wandel“

Charles Darwin (1809-1882)

Seit Charles Darwin diesen Spruch kreiert hat, kann man ihn mit Fug und Recht, gerade zum Jahreswechsel, immer wieder aufs Neue zitieren und liegt eigentlich nie verkehrt.

Kosten- und Wettbewerbsdruck, neue technologische und sozio-demographische Veränderungen, gesetzliche und regulatorische Anforderungen sind per se ausgezeichnet wiederverwendbar. Garniert man sie mit aktuellen Begriffen wie Globalisierung, neue Geschäftsmodelle, Digitalisierung, Big Data, Industrie 4.0, Internet of Things (IoT) – schon hat man Hype-kompatible Aktualität erreicht.

Also doch wieder nur alter Wein in neuen Schläuchen? Wohl eher nicht.

„Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen.“ Aphorismus aus China

Mitte Dezember besuchte ich einen Vortrag zum Thema „Location Intelligence – Überlegungen zur Mobilität der Zukunft“. Michael Bültmann, Geschäftsführer der Firma HERE Deutschland GmbH, legte einen enthusiastischen Vortrag hin zum Thema digitale Karten und deren Bedeutung für das autonome Fahren. Nach diesem Erlebnis war meine erste Reaktion: Das Deaktivieren des „Connected Drive“ war ein guter Anfang. Und das nächste Auto ist ein Oldtimer ohne OBD-Schnittstelle. (lesen Sie auch meinen Artikel hierzu in diesem Newsletter unter dem Titel „Brauchen wir autonomes Fahren?)

Zwei Tage später, Besuch auf dem Oracle Partner Day: Cloud, Cloud und nochmals Cloud. Mir kam unwillkürlich das Interview mit Larry Ellison vom September 2008 in den Sinn: „I don‘t know what we’ll do differently in the light of Cloud Computing“. [1] Larry wäre nicht Larry, wenn er sich keine Hintertüren offen halten würde, denn: „we’ll make some Cloud Computing announcements“

25. Oktober 2015, Oracle OpenWorld, Keynote von Larry Ellison: “Die beiden größten Konkurrenten, die wir in den beiden vergangenen Dekaden sehr genau beobachtet haben, waren IBM und SAP. Heute schenken wir beiden keinerlei Aufmerksamkeit mehr. Es ist schon ein Schock: IBM mag das größte IT-Unternehmen der Geschichte sein, aber in der Cloud sind sie nicht zu sehen. SAP war gewiss der größte Anbieter von Enterprise-Software, der jemals existierte, aber in der Cloud sind sie nicht zu sehen.“ [2]

Das muss der Unterschied sein: Die ganze Idiotie der Computer-Industrie erkennen und beim Namen nennen und dennoch Windmühlen bauen! Oracle hat im Rahmen des Partnertags angekündigt, seinen Partnern in Kürze „Cloud Transformation Workshops “anzubieten” – designed by Oracle and IDC to help partners understand and evolve their current operations to benefit from reselling, implementing and building products based on the Oracle Cloud.”

 

Vielleicht sollten wir uns im neuen Jahr um einen solchen Workshop bewerben? Und voll auf die Windmühlen, sorry, Hypes setzen? Risiken ausblenden, Datenschutzbedenken über Bord werfen, Umsatzmaximierung durch bleeding-edge-Engagements?

Zitat Herr Bültmann:

„Wir müssen es machen. Denn wenn wir es nicht machen, machen es Andere “.

Und er zitiert auch gleich selbst noch Timotheus Höttges, Vorstandsvorsitzender der Telekom AG:

“Die erste Phase der Digitalisierung haben wir in Deutschland bereits verpennt.“

Herrn Bültmann könnte man noch entgegnen, dass er gerade die Rechtfertigung eines jeden Drogendealers rezitiert. Dennoch scheint er recht zu haben, schließlich haben die drei größten US-Unternehmen Apple, Alphabet und Microsoft aktuell mehr Marktkapitalisierung als alle Unternehmen im DAX30 zusammengenommen.

„Innovation und Monetarisierung aktueller Technologien“ versus „old economy“?

Macht uns typisch deutsches „Reichsbedenkenträgertum“ langsam und hindert uns am Erfolg?

Schon 1961 stellt Friedrich Dürrenmatt in seiner Komödie „Die Physiker“ die Frage nach der Verantwortung der Wissenschaft für den Fortbestand der menschlichen Zivilisation. Er lässt seine Hauptfigur Johann Wilhelm Möbius feststellen, dass entwickelte Gedankenmodelle wie seine „Weltformel“, die einmal in der Welt sind, sich nie wieder beseitigen lassen. Und damals gab’s noch kein Internet!

Zur gleichen Zeit etwa wie Dürrenmatts Physiker entstand das Forschungsgebiet der Technikfolgenabschätzung. Man sollte meinen, dass dieses Forschungsgebiet bei der aktuellen Geschwindigkeit technologiegetriebener Veränderung von großem Interesse sein müsste. Google Trends weist auch tatsächlich im März 2015 einen Peak in der Nachfrage von tatsächlich 23 Suchanfragen[3] aus: „Das Suchvolumen ist zu gering, um Trends anzeigen zu können.“

Ist der deutsche Suchbegriff noch statistisch irrelevant, so sind die englischen Begriffe wie „technological impact assessment“ mit weltweit exakt 0 Treffern überhaupt nicht vorhanden.

Und wie sollten wir jetzt damit umgehen?

  • Wo bauen wir Windräder und Turbinen als moderne Nachfolger der Windmühlen und wo platzieren wir unsere Firewalls zur Absicherung gegen mögliche negative Technikfolgen?
  • Wie ergreifen wir die Chancen und wie vermeiden wir die Risiken, so dass wir auch in den nächsten Jahren noch stolz auf eine kontinuierliche Fortschreibung einer Erfolgsgeschichte zurückblicken können?

Eine erste Orientierung liefert das Wertesystem von its-people. Ergänzt man dieses noch um explizit ausgeführte Aspekte zur Nachhaltigkeit und der unternehmerischen Sozialverantwortung, ergeben sich schon ganz gute „Leitplanken“ für die eigene Urteilsfindung und abgeleitetes Handeln.

Aber gerade aufgrund der exponentiellen Entwicklungsgeschwindigkeit im Zeichen der Digitalisierung ist es notwendig und hilfreich, auch aktuellere Überlegungen und Regelungen mit einzubeziehen, z.B. aus dem „Manifest für robuste Software“[4].

„Ich erkenne an, dass mein Code auf vielerlei Arten genutzt werden wird, die ich nicht vorhersehen kann, dass er sich auf Weisen einsetzen lässt, für die er nicht gemacht wurde und dass er länger gültig sein kann, als ich es jemals angenommen hätte. Ich erkenne an, dass mein Code von talentierten und hartnäckigen Gegnern angegriffen werden wird die unsere physische, wirtschaftliche und nationale Sicherheit bedrohen“.

In diesem Sinne: Auf ein gutes und erfolgreiches Jahr voller positiver Veränderungen!

Bauen wir Mauern dort, wo es notwendig ist und nutzen wir die Energie der Veränderung da, wo es sinnvoll, nachhaltig und verantwortungsbewusst geschehen kann!

 

[1] Larry Ellison, „What The Hell is Cloud Computing“, https://www.youtube.com/watch?v=0FacYAI6DY0

[2] Larry Ellison zieht in die Cyberschlacht, http://www.computerwoche.de/a/die-besten-sprueche-des-it-jahres-2015,3220328

[3] Google Trends, Suchbegriff „Technikfolgenabschätzung“,

[4] Rugged Software Manifesto:

Quellen der Bilder: Pixabay, © Pia Schmidl 2016

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