Keine (professionelle) Testfallableitung (Test Case Design)
Selbst heute ist der Begriff Testfallableitung oder Test Case Design in vielen Testteams nicht präsent. Auch wenn Testpläne (->Testkonzept, engl. test plan) existieren, so entstehen in der Praxis die notwendigen Testfälle oft quasi aus dem Nichts. Die Art und Weise der Herleitung aus den Spezifikationen und Anforderungsdokumenten von Entwicklung und Business ist in der Regel nicht nachvollziehbar.
Die Folge ist eine Verdichtung von Testfällen in einigen Bereichen. Hier mag sich unter Umständen die Frage nach einer Optimierung der vorhandenen Testfälle stellen, um Testzeiten zu sparen, ohne die Qualitätsaussage zu schmälern (-> Effizienz). Bei anderen Themen kann es aber im gleichen Testprojekt keine oder kaum Testfälle geben, sodass hier tatsächlich unbekannte Risiken nicht geprüft werden (-> Effektivität).
Oft repräsentiert die konkrete Ausprägung beider Aspekte das aktuelle Know-how der Person, welche die Testfälle definiert hat. Die Testfallableitung basiert also alleinig auf persönlichen Kenntnissen und Erfahrungen. Anerkannte Optimierungsmethoden aus der Mathematik können auf dieser Basis aber nicht zum Einsatz kommen. Damit sind heutige Testanforderungen in Bezug auf optimale Testfallüberdeckung und Nachvollziehbarkeit der Testfallableitung nicht zu unterstützen.
Es hat sich bewährt, je nach Teststufe, geeignete Testfallableitungs- und Optimierungsverfahren im Rahmen der Spezifikationsphase zu integrieren. Als Beispiele möchte ich hier die Verfahren Äquivalenzklassen-Analyse, MCDC (Modified Condition/Decision Coverage), Pair- und Triplewise-Testing anführen. Sollten im weiteren Verlauf Schwächen innerhalb von Tests erkannt werden, welche auf Lücken in der Testüberdeckung hinweisen, so bestehen durch die Nachvollziehbarkeit der Ableitung wesentlich mehr und präzisere Anpassungsmöglichkeiten.